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Lorenz

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von Jerger, Ilona

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Die Nation oder Der Sinn fürs Soziale

Frankfurter Beiträge zur Soziologie und Sozialphilosophie 25

Erschienen am 05.10.2017, Auflage: 1/2017
Auch erhältlich als:
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593505831
Sprache: Deutsch
Umfang: 360 S., Lesebändchen
Format (T/L/B): 2.9 x 21.8 x 15 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Ein Schlüsseltext des 20. Jahrhunderts In seiner Schrift "La Nation", um 1920 unter dem Eindruck des Ersten Weltkriegs verfasst, entwickelte Marcel Mauss einen Begriff von "Nation", dem zufolge diese über sich hinaus zum Internationalismus treibt. Eine entscheidende Rolle spielte für ihn dabei ein "Sozialismus von unten", den er als "Nationalisierung" im Sinne einer allmählichen Bewusstwerdung der Nationen versteht, ihre ökonomischen Interessen selbst in die Hand zu nehmen. Große Hoffnungen setzte er dabei in den Völkerbund ("Société des Nations"). Den damaligen Zustand der Nationen, ihre Geschichte und ihre Zukunftsaussichten erschließt Mauss in diesem Werk aus ökonomischer, rechtlich-moralischer und kulturhistorisch- ethnologischer Perspektive. Sein Werk besticht sowohl durch stupendes Detailwissen als auch durch verblüffende Vorhersagen, etwa zum Auseinanderfallen Jugoslawiens oder zum Siegeszug des Islam. Mauss' Schrift, die nach seinen Plänen sein politisches Hauptwerk werden sollte, ist Fragment geblieben; sie wurde 2013 erstmals vollständig aus dem Nachlass ediert.

Autorenportrait

Marcel Mauss (1872 - 1950) war ein französischer Soziologe und Ethnologe, der am Collège de France in Paris lehrte. Er stand der politischen Linken nahe und gründete die Zeitschriften Mouvement Socialiste und L'Humanité. Bekanntestes Werk von Mauss, der als Vaterfigur der Anthropologie in Frankreich gilt, ist "Die Gabe" ("Essai sur le don", 1923/1924).

Leseprobe

Vorwort Wäre das vorliegende Buch von Marcel Mauss einfach eine Studie zur Idee, zur Geschichte und zur Realität des Nationalstaats, so dürfte mit Recht gefragt werden, was es denn in der Schriftenreihe des Instituts für Sozialforschung zu suchen habe; denn mit dem Vorhaben einer kritischen Gesellschaftsanalyse, wie umfassend auch immer verstanden, hätte ein solches Buch dann doch wohl nur wenig zu tun. Gewiss, es ließe sich geltend machen, dass das Werk von Mauss inzwischen weit genug aus dem Schatten von Émile Durkheim herausgetreten ist, um als ein eigenständiger Beitrag zu vielen wichtigen Fragen der Sozialtheorie zu gelten (vgl. etwa Karsenti 1997; Fournier 1994), weswegen eine Veröffentlichung dieses postum erschienenen Buches in unserer Reihe auch unabhängig von Traditionszugehörigkeiten gerechtfertigt sein könnte; aber so recht scheint dieses Argument nicht zu stechen, ist es doch die erklärte Absicht der Schriftenreihe unseres Instituts, vornehmlich solche Studien zu publizieren, die in einem weiten Sinn der kritischen Diagnose der Gegenwartsgesellschaften dienen - warum dann also an diesem Ort eine Untersuchung zum veraltet anmutenden Konzept der Nation? Ein anderes Argument, das sich anführen ließe, könnte sein, dass Mauss mit seinen Studien zum Gabentausch längst als einer der Stammväter einer kapitalismuskritischen Tradition angesehen wird und insofern die Aufnahme eines weiteren Buches aus seiner Feder in unsere Reihe naheliegen müsste - aber auch das wäre so lange kein stichhaltiger Grund, wie nicht gezeigt werden könnte, dass auch die vorliegende Schrift eine Spur jenes kritischen, sich an den kapitalistischen Zeitläuften reibenden Geistes in sich trägt. Genau das ist aber der Fall: Mauss wollte mit seiner Studie in Form einer historischen Soziologie der Nationen zeigen, dass sich diese mit einer gewissen inneren Zwangsläufigkeit nicht nur auf einen Zustand des friedlichen Miteinanders, sondern auch einer sozialistischen Kooperationsgemeinschaft zubewegen; er arbeitete an seiner Studie, um mit den Mitteln einer umfassenden Analyse der sozialen Implikationen der Nationalstaatsbildung zu zeigen, dass damit die Weichen in Richtung sowohl eines harmonischen Zusammenlebens unter den Völkern als auch einer Vergesellschaftung des jeweiligen Volksvermögens gestellt sein würden. Was immer man über einen solchen Erklärungsanspruch denken und wie immer man auch die eigentümliche Spannung zwischen nüchtern-positivistischem Gestus und geschichtsphilosophischem Impetus beurteilen mag, mit ihrem untergründigen Ziel, der Bildung von Nationalstaaten eine emanzipatorische Entwicklungsrichtung zu entlocken, ragt diese Schrift weit über vergleichbare Studien zum Thema hinaus; sie darf aufgrund ihrer einzigartigen Synthese aus profundester Geschichtskenntnis, soziologischer Deutungskraft und praktisch-politischem Fortschrittswillen ohne Übertreibung als eine der bedeutendsten Schriften zur Idee der Nation gelten. Das Institut für Sozialforschung weiß sich daher glücklich, das mühselig aus dem Nachlass rekonstruierte Buch von Marcel Mauss in deutscher Übersetzung in der eigenen Schriftenreihe veröffentlichen zu können. Die beiden Wissenschaftler, denen es gelungen ist, aus den seit dem Ende des Ersten Weltkriegs entstehenden Manuskripten von Marcel Mauss zu einer geplanten Schrift über die "Nation" nachträglich das vorliegende, in Frankreich 2013 erschienene Buch zusammenzustellen, sind Marcel Fournier, ein eminenter Kenner des Werkes von Mauss (vgl. Fournier 1994 und 1997), und der jüngere Sozialtheoretiker Jean Terrier; die Einführung, die sie gemeinsam zur französischen Ausgabe beigesteuert haben und die in unsere Ausgabe übernommen wurde, enthält einen fulminanten Überblick über die weitgehenden Absichten, die Mauss mit dem ihn beinah zeitlebens beschäftigenden Projekt verfolgte. Anstatt hier also zu wiederholen, was in dieser Einführung sorgfältig und äußerst eindrucksvoll entwickelt wird, will ich mich im Folgenden darauf be